Einladung zur

HAUPTVERSAMMLUNG DES Schachklubs Bern

vom Mittwoch 31. Januar 2024 um 19:00 im Lokal Altenberg, Altenbergstrasse 65 in Bern

Tranktanden

1.       Begrüssung

2.       Genehmigung des Protokolls der Hauptversammlung 2022

3.       Genehmigung der Jahresberichte 2022/2023

4.       Genehmigung der Jahresrechnung 2022/2023 und des Revisionsberichts

5.       Entlastung des Vorstandes

6.       Statutenänderung

7.       Genehmigung des Budgets 2024

8.       Wahlen Vorstand und Ersatzrevisor

9.       Ehrungen

10.   Varia

 

Nach der Hauptversammlung besteht die Möglichkeit eines gemeinsamen Apéros. Das Apéro wird vom Klub offeriert.

Anmeldungen für die Hauptversammlung bitte bis 26. Januar 2024 an khainguyen.ly@gmail.com

Nguyen Ly

Anstelle von Albert Schmid, der nach sechs Jahren vom Präsidium zurücktrat, wurde Nguyen Ly zum neuen Präsidenten gewählt. Im Interview mit Oliver Marti erzählt er über sich und legt seine Ziele und Visionen für unseren Verein dar.

Wie bist Du zum Schachspiel gekommen, und welche Rolle spielt Schach in Deinem Leben?

Als Kind habe ich die Regeln gelernt, aber damals interessierte ich mich mehr für Fussball. Ich habe lange Fussball im Verein gespielt. Während des Studiums hatte ich Freunde, die Schach spielten. Anfangs bekam ich immer auf’s Dach. Das hatte aber meinen Ehrgeiz geweckt. Am Bärenplatz in Bern verfolgte ich oft das Geschehen auf dem dortigen Gartenschach. Oft bat ich einen Spieler, mir doch zu erklären, warum dieser oder jener Zug gemacht wurde. Später traute ich mich selbst zu spielen. Das Gartenschach beim Bärenplatz war mein Ausbildungsort und die Spieler dort meine ersten Lehrmeister.

Was fasziniert Dich am Schachspiel? 

Es tönt ja schon fast abgedroschen, aber Schach ist in der Tat eine Mischung zwischen Kunst, Sport und Wissenschaft. Als Beginner ist es schwierig, die Schönheit des Spiels zu erkennen. Mit Wissen und Erfahrung entwickelt man ein Gefühl für das Zusammenspiel der Figuren. Schach wird zur Wissenschaft. Schöne Partien sind für mich Kunstwerke. Schachpartien erwecken in mir zum Teil persönliche Erinnerungen. Schach ist für mich auch eine Lebensschule. Geduld und Kalkül sind zentrale Eigenschaften im Schach. Ich lerne, die Gefühle zu kontrollieren und kanalisieren, mich zu fokussieren, einen Plan zu schmieden, eine Strategie zu verfolgen, Züge des Gegners zu antizipieren, die Konsequenzen eines Zuges zu durchdenken, aber auch, mit Niederlagen und Enttäuschungen umzugehen und mich nicht entmutigen zu lassen.

Faszinierend für mich ist auch das Generationenübergreifende des Spiels: Ein Kind kann einem Erwachsenen am Brett gegenübersitzen und beide bewegen sich auf Augenhöhe. In einer SMM-Saison hatte ich mal einen 11- und einen über 70-jährigen Spieler im gleichen Team. In anderen Sportarten ist das kaum denkbar!

Das Schachspiel hat auch etwas Verbindendes. Man muss nicht die Sprache des Gegenübers sprechen, um gegeneinander spielen zu können. Die Schachregeln sind universell. Eine meiner schönsten Erinnerungen im Zusammenhang mit Schach hatte ich während meines Auslandsstudienjahrs in Shanghai: Ich spielte im Studentencafé Schach. Da gesellte sich ein junger Student aus der Mongolei zu mir und bat mich um ein Spiel. Wir konnten nicht miteinander kommunizieren, aber gleichwohl gegeneinander spielen. Mir kam es vor, als würde ich über das Schachspiel trotzdem etwas über ihn erfahren. Die Art und Weise wie er spielte gab mir Rückschluss – so denke ich zumindest – auf seine Persönlichkeit. Wir trafen uns dann regelmässig zum Schachspiel. Noch heute erinnere ich mich gerne an diese Begegnung.

Du betreibst auch Ausdauersportarten wie Langdistanz-Triathlon oder Ultradistanz-Radrennen. Ist das vereinbar mit Deiner Leidenschaft für das Schachspiel?

Das eine schliesst das andere nicht aus. In der kälteren Jahreszeit mutiere ich eher zum Schachspieler, während es mich im Frühling bis Herbst nach draussen zieht. Bevor ich mich für ein mehrtägiges Turnier anmelde, gucke ich mir den Wetterbericht an. Bei schönem Wetter zieht’s mich auf’s Rad, da mag ich kaum am Brett sitzen und Schach spielen. An Wettkämpfen hat das Wetter gar eine Auswirkung auf mein Spiel: Bei schönem Wetter spiele ich eher aggressiv und riskant. So ist die Partie eher schnell vorbei, weil ich früh gewinne oder verliere. Bei Schlechtwetter nehme ich mir eher Zeit am Brett und spiele etwas solider. Ich denke grundsätzlich, dass mir die Ausdauer beim Schachspiel zugute kommt. Ein Spiel kann mehrere Stunden dauern und da hilft’s, etwas Kondition zu haben.

Warum gibt es so wenig schachspielende Frauen?

Bei dieser Frage riskiert man, sich auf Glatteis zu begeben. Man will nicht diskriminieren, verletzen und  den Stempel aufgedrückt bekommen, ein «Macho» zu sein. Schach gilt eher als Männersport. Es sind weniger als 5% der Frauen, die im Klub angemeldet sind. Bei den Älteren nimmt der Anteil der Mädchen und Frauen rapide ab. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Ein Hauptgrund scheint jedoch zu sein, dass Mädchen nicht genug ermutigt werden. In Vereinen jedoch, in denen man sich nicht nur um jeden Anfänger, sondern auch um jede Anfängerin kümmert und sie ernst nimmt und anleitet, ist die Zahl der weiblichen Mitglieder oft grösser. Ich kann mir vorstellen, dass die mitreissende Netflix-Serie «Queen’s Gambit», in der eine junge talentierte Schachspielerin sich in der von Männern dominierenden Schachwelt behauptet, Frauen und Mädchen ermutigt, selbst Schach zu spielen.

Wichtig erscheint mir auch, dass die Mädchen Vorbilder haben. Wir beim Schachklub Bern können uns glücklich schätzen, mit Lena, Nathalie und nun Darja Spielerinnen zu haben die es (in ihren Kategorien) an die Spitze geschafft haben. Ich hatte vor einigen Jahren eine Freundschaft etwas strapaziert, als ich die damals 13-jährige aufstrebende Nathalie in meinem SMM-Team aufnahm und einem guten Freund hingegen erklären musste, dass es für ihn nicht mehr reichen würde. Nathalie rechtfertigte das Vertrauen mit guten Leistungen und war massgeblich am Aufstieg in die 1. Liga beteiligt. Ihr Werdegang bis ins Damen-Nationalteam hat mir recht gegeben.

Was sind Deine Ziele für den SK Bern?

Der SK Bern ist ein traditionsreicher Verein mit einer grossen Vergangenheit. Leider können wir gegenwärtig nicht an die Erfolge vergangener Tage anknüpfen. Der Klub hat in den vergangenen Jahren immer wieder grosse Talente hervorgebracht. Leider verlassen uns einige dieser Talente aufgrund mangelnder Perspektive und schliessen sich einem anderen Verein an, der in der Bundesliga (SGM) oder in der Nationalliga (SMM) spielt. Obwohl mir das weh tut, kann ich deren Entscheidung nachvollziehen. Doch nun möchte ich das ändern. Meine Vision ist, dass unser talentierter Nachwuchs dereinst das Gerüst des Fanionteams bildet, der an der Seite erfahrener Spieler aus der Region wieder in der Nationalliga spielt. Ich bemühe mich, starke einheimische Spieler zum Klub zu holen. Als Traditionsverein, der einmal wieder im Oberhaus spielt, hätten wir vielleicht ein starkes Argument, Lena, die verlorene Tochter und Noël, den verlorenen Sohn, zurück zum SK Bern zu holen!

Eine grosse Priorität hat für mich auch das Spiellokal. Gegenwärtig spielen und trainieren unsere Junioren in einem Schulhaus während die Erwachsenen in einem Restaurant den Klubabend haben. Wir sind verstreut, diese Konstellation erscheint mir nicht ideal. Es ist wichtig, dass alle an einem Ort spielen und trainieren können. Es ist wünschenswert, dass sich die Jugendlichen mit dem Klub identifizieren. Das erreichen wir, in dem wir Rahmenbedingungen schaffen, in denen sie sich wohl und wertgeschätzt fühlen. Mit Leistung können auch sie es ins Fanionteam schaffen.

Schach ist ein Einzelsport. Trotzdem darf das Soziale dabei nicht zu kurz kommen. Durch gemeinsame Anlässe, Teamwettkämpfe, das gemeinsame Analysieren, Trainieren und Spielen soll der Gemeinschaftsgedanke gefördert werden. 

Im 2023 feiert der Schachklub Bern sein 150-jähriges Bestehen. Was bedeutet Dir dieses Jubiläum?

Diese Tatsache finde ich faszinierend. Der Klub hat Höhen und Tiefen durchgemacht, Abspaltungen hinnehmen müssen. Oliver ackert sich durch’s Archiv und versucht, die Geschichte des Klubs aufzuarbeiten. Das Resultat können wir hoffentlich im Jubiläumsjahr begutachten. Ich denke, dass die Geschichte des Klubs nicht nur in Schachkreisen, sondern auch darüber hinaus von Relevanz und Interesse ist. Wir werden sicherlich ein würdiges Jubiläumsprogramm auf die Beine stellen. Ich würde mir wünschen, dass wir dann wieder ein SMM-Team in der oberen Liga stellen.

Wie kann man Deiner Meinung nach Schach unter jungen Leuten fördern?

Schach ist leider erst spät in meinem Leben eingetreten. Ich hätte mir gewünscht, früher damit ernsthaft in Kontakt zu treten. Schach soll sichtbarer werden. Letztes Jahr hatte ich ein Rapidturnier im Innenhof der alten Feuerwehr im Breitenrain organisiert, das gut ankam. Ich hatte letzten Sommer diverse Blitzturniere in der Badi in Bern geplant. Leider machte mir Corona einen Strich durch die Rechnung. Aber mit genau solchen Anlässen wird Schach sichtbar. Die Leute werden neugierig, fragen. Ich beobachte das, wenn ich mit einem Schachspiel auf dem Bärenplatz spiele. Rasch bildet sich ein Kreis. Das weckt bei den (jungen) Leuten die Neugierde. Ich komme mit ihnen ins Gespräch und erkläre ihnen die Faszination des Spiels.

Der Schachklub Trubschachen unter der Leitung von Stefan Thuner macht das ganz vorbildlich.  Sie bieten kostenlose Schachkurse für Kinder an. Diese können da schnuppern, das Schachspiel unter fachkundiger Leitung erlernen, ohne sich verpflichten zu müssen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, so etwas beim Schachklub Bern einzuführen.

Gegenwärtig erlebt das (Online-) Schachspiel wegen Corona einen ziemlichen Boom. Während physische Sportarten derzeit matt gesetzt sind, profitiert das Schach. Auch die erfolgreiche Netflix-Serie «Queen’s Gambit» sorgt dafür, dass sich vermehrt junge Leute für das Spiel begeistern lassen. Mir erscheint es wichtig, dass wir von Seiten des Klubs den Interessierten die Möglichkeit bieten, das Spiel zu erlernen oder bei uns zu vertiefen. 

Zum Schluss, was ist Deine Lieblingserinnerung oder Anekdote aus dem Schach?

Eine schöne Erinnerung habe ich eingangs erwähnt. Im Zusammenhang mit Schach habe ich schon einige lustige aber auch tragische Sachen erlebt. Meine Lieblingsanekdote muss ich aber in Mundart erzählen:

Dr Housi isch einä, woni vom Garteschach uf dr Pläfä kennä. Wo mr ds erschte mau gägenäng hei gschpiut und ig gwunne ha, het dr Housi gmeint: «Weisch Nguyen, bim Garteschach si d’Figure z’gross, da verlüri dr Überblick». Ds nächschte mau hei mr im Casa Marcelo ir Beiz ufem Brätt gschpiut. Ou diä Partie hani für mi chönne entscheide. Da seit dr Housi: «Weisch Nguyen, ig bi Garteschachspieler. Uf somne chlinä Brätt gseh ig’s nid so.» Äs witerä mau hei mr am frueche Nami gägenang gschpiut – I ha gwunne. Da meint dr Housi: «Weisch Nguyen, äs isch mr no z’früeh im Tag. I bi no nid richtig wach.» Äs angers mau hei mr am spätere Abe gschpiut – ou da hani gwunne. Da seit dr Housi: «Weisch Nguyen, äs isch mr chli z’spät und ig ha sowieso scho chli einä am Heum.» Wo ig de wieder gwunne ha, meint dr Housi schliessläch: Nguyen, ig gloub, du bisch chli stärker als ig.»

Herzlichen Dank für das Gespräch. Alles Gute mit dem Schachklub Bern!